Awareness

WAS HEISST DAS, WAS TUN WIR, UND WARUM IST DAS WICHTIG?

Awareness steht für Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit dafür, dass die Grenzen und Sicherheitsgefühle von Menschen nicht überschritten werden. Eine solche Grenzüberschreitung kann körperlich, verbal und nonverbal stattfinden: Durch unerwünschte Berührungen, diskriminierende Aussagen, schräge Blicke, abwertende Gesten …

Mit dem Awareness Konzept möchten wir am Zürcher Theater Spektakel ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir alle eine kollektive Verantwortung tragen, sobald wir uns in einem Raum (hier: einem Festivalgelände) bewegen. Unsere Gesellschaft ist auf eine Art und Weise aufgebaut, die zu Grenzüberschreitungen, Verletzungen und Ausschlüssen führt. Patriarchale Muster sind nach wie vor präsent, der Kolonialismus mit all seinen Folgen ist noch lange nicht aufgearbeitet, Ableismus und die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung sind leider immer noch an vielen Orten alltäglich – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Diese tief in unserer Gesellschaft verwurzelten Mechanismen tragen auch dazu bei, dass etwa abwertende Begriffe zu einem alltäglichen Wortschatz gehören – manchmal nicht einmal im vollen Bewusstsein der Personen, die diese Begriffe benutzen. Deshalb ist es wichtig, aufmerksam mit den eigenen Privilegien umzugehen, um rücksichtsvoll handeln und gut aufeinander achten zu können. Wir dulden keinerlei Form von Gewalt, Sexismus, LGBTQIA+ Feindlichkeit, Rassismus, Xenophobie, Ableismus, Altersdiskriminierung und jeder anderen Form von Diskriminierung. Begriffserklärungen im Glossar.

DAS TUT DAS AWARENESS-TEAM FÜR DICH

Du hast eine grenzüberschreitende oder übergriffige Situation beobachtet oder selbst erfahren? Du fühlst dich unwohl oder brauchst Hilfe? Dann sind hier verschiedene Möglichkeiten, wie wir dich unterstützen können:

AWARENESS-TEAM

Das Awareness-Team ist auf dem Festivalgelände unterwegs und erkennbar durch grüne Westen. Es ist da, wenn du eine unangenehme Erfahrung gemacht hast, wenn du etwas fragen oder mitteilen möchtest. Es hört dir zu, nimmt dich ernst und unterstützt dich. Alle Informationen werden vertraulich behandelt.

ANLAUFSTELLEN

Wenn du die Unterstützung des Awareness-Teams brauchst, dieses aber gerade nicht in Sicht ist, wende dich an die Kasse am Haupteingang oder die Festivalinfo in der Platzmitte. Dort wird eine Person das Awareness-Team für dich rufen.

TELEFONNUMMER AWARENESS-TEAM

+41 (0)77 279 00 94
Mo, Di, Do, Fr: 17:00 – 01:00 Uhr
Mi: 16:00 – 01:00 Uhr
Sa, So: 17:00 – 02:00 Uhr

SAFER SPACE (BARRIEREFREI)

Wenn du einen Rückzugsort mit etwas Distanz zum Lärm und Trubel benötigst, findest du hier Ruhe. Hier kannst du dich auch mit dem Awareness-Team vertraulich unterhalten. Der Safer Space befindet sich neben der Sanität am Haupteingang. Einlass erhältst du durch das Awareness-Team.

DIGITALER BRIEFKASTEN

Der digitale Briefkasten ist für Anregungen, Kritik und persönliche Erfahrungen da. Alle Beiträge werden von unserem Awareness-Team gelesen. Wenn du es wünschst, nehmen wir mit dir Kontakt auf. Feedback ist auch anonym möglich. Schreib uns in der Sprache, in der du dich am wohlsten fühlst: awareness@theaterspektakel.dont-want-spam.ch

STRUKTURELLE VERÄNDERUNGEN

Durch die Awareness-Angebote von Kulturinstitutionen wie dem Theater Spektakel werden betroffene Personen während oder nach dem Festival je nach Bedürfnis unterstützt und begleitet. Es geht aber auch darum, «Machtverhältnisse längerfristig zu reflektieren und zu dekonstruieren und darum, sich thematisch zu sensibilisieren». (Awarenetz, 2020)

WEITERE ANLAUFSTELLEN

Unser Awareness-Team kann vor Ort für dich da sein und eine Situation akut auffangen. Manchmal reicht das aber nicht. Dann wird eine Betreuung und Unterstützung benötigt, die darüber hinausgeht. Dafür gibt es Anlaufstellen wie etwa:

Opferberatung Zürich: obzh.ch
LGBT+ Helpline: lgbt-helpline.ch
Zürcher Anlaufstelle Rassismus ZüRas: zueras.ch
Frauenhaus Zürich Violetta: frauenhaus-zhv.ch
Frauenberatung sexuelle Gewalt: frauenberatung.ch
Mannebüro Zürich: mannebuero.ch
Zürich schaut hin: zuerichschauthin.ch

Wir helfen dir gerne weiter und informieren dich.

 

DU BRAUCHST KEIN AWARENESS-TEAM? WAS HAT DAS TROTZDEM MIT DIR ZU TUN?

Eine Studie von Zürich schaut hin zeigt, dass gut 70 Prozent der unter 36-Jährigen an Festivals bereits einmal einen Übergriff erlebt haben. Grenzüberschreitungen können auch passieren, ohne dass die Person, die sie ausführt, sich dessen bewusst ist. Behandle alle Menschen mit Respekt, Offenheit und Verständnis. Frage lieber nach, bevor du die Grenzen anderer Menschen selbst definierst. Stichwort Konsens: Eine Handlung ist nur dann nicht übergriffig, wenn alle Beteiligten dazu ihr aufrichtiges Einverständnis geben. Mach keine vorschnellen Urteile und gehe nicht davon aus, dass du alles weisst, sondern höre deinen Mitmenschen zu.

Wir verstehen das Awareness-Konzept als logischen Schritt auf unserem Weg hin zu einem «Festival für alle». Beim Zürcher Theater Spektakel arbeiten wir seit vielen Jahren daran, zu einem inklusiveren und diskriminierungssensibleren Raum zu werden. Wir sind noch nicht am Ziel, aber wir lernen fortlaufend dazu, und wir bedanken uns bei allen, die uns kritisch dabei unterstützen. Nur wenn alle diesen Raum gemeinsam mitgestalten und sich ihrer Verantwortung bewusst sind, wird dieses Festival ein Festival für alle.

Mehr Infos zu Zugänglichkeit und was wir unter einem Festival für alle verstehen.

DANK

Der Awareness-Text und auch das folgende Glossar lehnen sich an die Awareness-Arbeit verschiedener Organisationen an. Vielen Dank für die bereits geleistete Arbeit: Bla*sh, Feministisches Streikhaus Zürich, Musikfestwochen Winterthur, Clubbüro Rote Fabrik, Awareness Akademie, B Aware Berlin, Diversity Arts Culture Berlin, Stadt Zürich

GLOSSAR

 

Diskriminierung heisst, dass eine Gruppe Menschen mit spezifischen Merkmalen aufgrund dieser Merkmale ungleich behandelt wird (z.B.: Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung, Sprache, Religion, Alter, Behinderung, Körpergewicht, Bildung u.v.m.). Die Zuordnung geschieht oft durch andere Menschen und strukturelle Systeme.

Rassismus im engeren Sinn bezeichnet eine Ideologie, die Menschen aufgrund ihrer äusseren Erscheinung und/oder ihrer tatsächlichen oder zugeschriebenen ethnischen, nationalen oder religiösen Zugehörigkeit einteilt und hierarchisiert. Rassistische Strukturen haben sich aufgrund historischer Macht- oder Gewaltverhältnisse im politischen, ökonomischen und kulturellen Aufbau unserer Gesellschaft manifestiert und institutionalisiert.

Xenophobie heisst übersetzt Fremdenfeindlichkeit und ist eine Einstellung, die Menschen aus einem anderen Land oder einer anderen Kultur aggressiv ablehnt.

LGBTQIA+ steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Queer, Inter*. Das Plus steht dafür, dass die Aufzählung nicht abgeschlossen ist und es noch viele andere sexuelle und romantische Orientierungen und Geschlechtsidentitäten gibt.

Homofeindlichkeit / Homophobie bezeichnet die ablehnende Einstellung, Beleidigungen, Ausgrenzung, rechtliche Ungleichheit, Witze machen oder sogar körperliche Gewalt gegenüber homosexuellen Personen.

Queer ist ein politischer Sammelbegriff für alle Identitäten, die nicht der Cisgender-Heteronormativität entsprechen.

Transfeindlichkeit / Transphobie bezeichnet die ablehnende Einstellung, Beleidigungen, Ausgrenzung, rechtliche Ungleichheit, Witze machen oder sogar körperliche Gewalt gegenüber trans Personen.

Behindertenfeindlichkeit / Ableismus (abgeleitet aus dem Englischen ability) ist eine Form der Diskriminierung, die behinderte Menschen Vorurteilen, Benachteiligungen und Vorbehalten aussetzt.

Klassismus bezeichnet die Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft und/oder der sozialen und finanziellen Situation.

Sexualisierte Gewalt umschreibt, dass an einer Person gegen deren Willen eine sexuelle Handlung vorgenommen wird.

Sexismus bezeichnet eine Benachteiligung, Abwertung, Verletzung oder Unterdrückung aufgrund des Geschlechts, oft gegenüber Frauen und trans Personen.

Altersdiskriminierung / Ageismus ist eine Diskriminierung aufgrund von Alter/Jugend, oft in Bezug auf Vorurteile von Fähigkeiten.

Intersektionalität beschreibt das Überschneiden und Zusammenwirken von verschiedenen Diskriminierungsformen und berücksichtigt, dass Menschen oft wegen mehreren Eigenschaften/Identitätsmerkmalen benachteiligt werden.

Marginalisierung bezeichnet die geografische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Verdrängung von Individuen oder Bevölkerungsgruppen an den Rand der Gesellschaft.

FINTA steht für Frauen, intergeschlechtliche, nonbinäre, trans und agender Personen und wird oft im Zusammenhang mit Raumpolitik (z.B. Safer Spaces) oder Diskriminierungserfahrungen verwendet.

BIPoC steht für Black, Indigenous und People of Color. Es ist zusammen mit People of Color (PoC) eine Selbstbezeichnung von Menschen mit Rassismuserfahrung, die aufgrund von strukturellen Rassismen gewisse Privilegien nicht haben.

Kollektive Verantwortung steht im Gegensatz zur Einzelverantwortung und stützt sich auf die Idee, dass wir nur gemeinsam im Kollektiv eine sichere Umgebung für alle kreieren können, indem wir uns alle daran beteiligen.

Konsens heisst übersetzt Einvernehmlichkeit und beschreibt, dass eine Handlung nur dann nicht übergriffig ist, wenn alle Beteiligten dazu ihr aufrichtiges verbales Einverständnis gegeben haben.